Der Grootsee

Infotafel für die historische Sehenswürdigkeit Grootsee in der Parkanlage Märkerweg. Die Tafel wurde gefördert durch die Bezirksversammlung Eimsbüttel, errichtet vom Forum Kollau. ermöglicht mit freundlicher Unterstützung der Familien Kossmann und Weigel. Design kilde communications

Faksimile der Juni 2021 eingeweihte Infotafel Grootsee. Auf die Grafik klicken und ein PDF davon herunterladen (1,2 MB)

Heutiges Überbleibsel der einst großen zusammenhängenden Teichflächen des Grootsee (Foto W.Hertwig/Forum Kollau)

Das Ohmoor

 

Den nördlichen Abschluss des alten Niendorfs bildeten einst drei Moore: Das Rahmoor, das Schippelsmoor und das Ohmoor. Ohe bedeutet Wasser oder Gehölz und beschreibt treffend, wie es hier einmal ausgesehen hat.

Das Ohmoor diente über Jahrhunderte der Torfgewinnung, auch für entfernt liegende Gemeinden. Karte von 1788 (Ausschnitt, Faksimile einer Verkoppelungskarte Niendorf 1788)

 

Dieses Hochmoor war ein schwer passierbarer Torfmoorsumpf. Der Grundwasserspiegel stand sehr hoch, und so konnten sich zwei Moorgewässer bilden: Der Grootsee und der Lüttsee zwischen Sachsenstieg und Moordamm, der in den 1940er Jahren zugeschüttet wurde.

Niendorf ist im Norden ist seit den 1960er Jahren ständig weiter gewachsen. Jenseits des Swebenweges stehen die Reste des Ohmoors unter Landschaftsschutz. Karte von 2020 (Ausschnitt, openstreetmap.org)

 

Bis in die Gegenwart hinein wurde im Ohmoor Torf gestochen, auch um diesen als wichtiges Heizmaterial weiter zu verkaufen.

 

In der Not nach den Zweiten Weltkrieg durfte zunächst jeder so viel Torf stechen, wie er zum Heizen brauchte. Ab den 1950er Jahren wurde das Moor auf einer Fläche von 93 Hektar kultiviert und bebaut. Es war für die wenigen angesiedelten Bauern eine überaus harte, kaum ertragreiche Arbeit, das Ödland fruchtbar zu machen. Von den Anfangsschwierigkeiten ist heute nichts zu merken.

Beim Torfstechen. Als Heizmaterial war der Torf auch noch nach dem Zweiten Weltkrieg von großer Bedeutung. (Forum Kollau/Sammlung Grigat)

 

Badeleben im Niendorfer Norden

Gleich nach dem Ersten Weltkrieg kaufte der Schneider Ch.Wilhelm Kossmann aus Hamburg ein etwa 2 Hektar großes Stück des Ohmoors und eröffnete 1918 den Badebetrieb „Moorbad Grootsee“.

Badefreude garantiert! Es gab für jeden etwas und auch die Damen konnten unter sich sein, wenn sie es denn wollten. Der Eintritt betrug für Kinder 10, für Erwachsene 20 Reichspfennige. (Forum Kollau/Sammlung W.Jürs)

 

„In der Küche stand ein großer Ofen, in dem an sonnigen Wochenenden ein Plattenkuchen für die Gäste gebacken und zu „Mischkaffee“ angeboten wurde. Im großen Glashafen gab es Schokoladen-Lollies für die Kinder, das Stück zu 5 Pfennig“.

Harry Weigel, *1923

 

Es gab ein flaches, kinderfreundliches „Insel-Bassin“ zum Plantschen, sowie eines mit 1,20 Meter Tiefe, in dem man gut schwimmen lernen konnte. Im 1,70 Meter tiefen Becken waren die geübten Schwimmer unterwegs. Das eigentliche Moorbad, ein Torfschlammbecken, wurde im „Ententeich“ angelegt.

Kinderglück pur im Teich, der weniger tief, dafür aber meistens wärmer war. Foto von 1932 (Forum Kollau/Privat)

"Am schönsten aber war das Baden im Niendorfer Ohmoor. Eine so schöne Zeit wie ich sie hier erlebt habe, wird es nie wieder geben."
Harry Trede *1929

 

Die Familie Kossmann bewohnte hinter den Teichen ein großes, rustikales Holzhaus. Auf der luftigen verglasten Veranda und auf der Wiese davor konnten die Badegäste bald Erfrischungen zu sich nehmen. Es wurde mit dem Ball gespielt, die Kinder lernten die Tierwelt im Teich kennen, man spielte Fußball, klönte und flirtete und so mancher Vatertagsausflug endete hier.

 

Der große Badesee in den 1920er Jahren. (Forum Kollau/Sammlung Grigat)

 

Das eisenhaltige Wasser der tieferen Teiche war bräunlich, klar und kühl, in heißen Sommern eine Erfrischung nicht nur für die Niendorfer: An Spitzenwochenenden sollen sich gar tausend Menschen aus nah und fern hier vergnügt haben.

 

„Der Weg zu Fuß vom Tibarg ins Moor war ja schon ein Abenteuer für uns Kinder! Die Jägerstraße (heute Paul- Sorge-Straße) hoch und unterwegs Brausepulver aus der Hand lecken. Eine gute Stunde brauchte man, aber der Weg wurde nie zu lang!“

Horst Moldenhauer, *1937

 

Die ersten Siedlungshäuser im Ohmoor nach dem Zweiten Weltkrieg. (Forum Kollau/Sammlung Grigat)

 

Im Ohmoor und seinen Randgebieten entstand seit den 1960er Jahren mit Niendorf-Nord ein neuer, moderner Stadtteil mit fast 20.000 Bewohnern.

 

Bis 1960 dauerte das Badevergnügen. Die Bebauungs- und U-Bahnpläne der Stadt reiften heran – nicht ohne Widerstand von Umweltschützern. Durch Kultivierung und Entwässerung der Umgebung sank der Wasserspiegel beträchtlich, eine Weiterführung des Badebetriebes ließ sich nicht mehr finanzieren.

Seit den 1970er Jahren prägten die Baukräne den Niendorfer Norden. Auf moorigen Untergrund entstand ein neuer Stadtteil. (Forum Kollau)

 

1979 richtete Walter W. Kossmann, der Enkel des Gründers, noch einen kleinen Angel- und Freizeitpark ein und hob dafür eigenhändig einen Teil des heutigen Grootsees aus, legte den Rodelberg an.

 

Der Niendorfer Norden um 1991 mit abwechslungsreichen Bebauungsformen. (Forum Kollau/Sammlung Gutmann)

 

In städtischer Regie kam 1981 ein Kinderspielplatz hinzu, neue Wege, Liegeplätze, weitere Spielmöglichkeiten folgten. Das stark gewachsene Niendorf-Nord wurde hier mit einem idyllischen Erholungsgebiet bereichert, das 1990 der Öffentlichkeit übergeben wurde.

 

Der Spielplatz wurde 1981 eingeweiht und immer wieder modernisiert. (Foto W.Hertwig/Forum Kollau)

 

Der Feldstein markiert den einstigen Eingangsbereich zum Holzhaus der Familie Kossmann, die 1918 den Badebetrieb am Grootsee begründete. (Foto W.Hertwig/Forum Kollau)

 

Die Kossmanns lebten weiter im Norden des ursprünglichen Grundstücks in ihrem alten Holzhaus, das Ende 2017 abbrannte, viele Erinnerungsstücke verschwanden mit ihm. Die Infotafel erinnert an ein Stück Niendorfer Geschichte, die stimmig fortgesetzt wurde.